Geschichte des ehemaligen Kolpinghauses in Ahrweiler

Das Bauerngehöft der Familie Heydinger in der Oberhutstraße Nr. 34 bot die Möglichkeit, durch den Abriss der Nebengebäude neben dem schmucken Fachwerkhaus einen 220 qm großen Saalbau zu errichten. Die Baupläne dafür sind nicht mehr vorhanden. Dafür gibt es Pläne des Anwesens, die nach dem Kauf der Gebäude durch den Turn- und Sportverein (TUS) Ahrweiler im Jahr 1999, von einem hiesigen Ingenieurbüro neu gefertigt wurden.

Es ging dem Katholischen Gesellenverein Ahrweiler, wie die Kolpingsfamilie damals hieß, darum, ein eigenes Haus als Versammlungs- und Begegnungsstäte zu besitzen. In den ersten 20 Jahren standen dem 1861 gegründeten Verein nämlich keine eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung

Nach dem Grundstückskauf im Februar 1891 begann man umgehend mit dem Abriss der Nebengebäude um möglichst bald den Anbau an das Wohnhaus errichten zu können.

Deshalb konnte der Grundstein dazu bereits 6 Monate später gelegt werden.

In der vorhandenen Urkunde zur Grundsteinlegung des Saalbaues am Kolpinghaus vom 5. August 1891 werden in zeittypischem Stil geistliche und weltliche Regenten und Würdenträger aufgeführt: Papst Leo XIII., Kaiser Wilhelm II, Bischof Dr. Michael Felix Korum.

Bei der Grundsteinlegung anwesend war der Trierer Weihbischof Heinrich Feiten, der sich auf Firmungsreise im Dekanat Ahrweiler befand. Er legte "im Beisein der geistlichen und weltlichen Obrigkeit unter Anwesenheit des Vorstandes, der Ehrenmitglieder und Mitglieder des Gesellenvereins, der Wohltäter und Freunde desselben, den Grundstein zu einem Saale des Gesellenvereins."

Zur Grundsteinlegung wurde eine Marmorplatte geschaffen, die folgende Inschrift aufweist:

"Grundsteinlegung, 5. Aug. 1891 durch den hochwürdigsten Herrn Heinrich Feiten, Weihbischof von Trier."

Diese Gedenktafel wurde im Jahre 2001 auf dem Speicher des Saales aufgefunden. Wo diese damals angebracht war, konnte bislang nicht herausgefunden werden.

Das Kolpinghaus überstand die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg unzerstört, während die gegenüber liegende Gaststätte "Vier Winde" durch einen Bombenvolltreffer vernichtet wurde. Dort ist seither ein Parkplatz.


Adolph Kolping und das "Internationale Kolpingwerk"

Am 8.12.1813 wurde Adolph Kolping in einer kinderreichen armen Familie in Kerpen bei Köln geboren. Er erlernt das Schuhmacherhandwerk. Während seiner mühsamen Wanderzeit als Schustergeselle lernte er die Nöte und Schwierigkeiten der wandernden Handwerksgesellen kennen. Im Alter von 23 Jahren entschloss er sich Priester zu werden. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Köln studierte er in München und Bonn Theologie. Seinen Lebensunterhalt musste er sich in dieser Zeit selbst verdienen.

Im April 1845 wurde er in Köln zum Priester geweiht. Als Kaplan begegnete er in den Jahren bis 1849 in Wuppertal-Elberfeld dem Elend der Industriearbeiter und Handwerksburschen, die Halt und Unterstützung verloren hatten. Er lernte in dieser Zeit auch den kurz zuvor gegründeten Gesellenverein kennen und wurde dessen Präses.

1849 erfolgte seine Berufung als Domvikar, wo er im gleichen Jahr noch den ersten dortigen Gesellenverein gründete. Durch Schriften und Vortragsreisen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verbreitete er mit Erfolg seine Ideen von der sozialen und religiösen Erneuerung der Jugend und Familie und gründete weitere Gesellenvereine. Sein Grundgedanke war stets die Hilfe zur Selbsthilfe.

Am 4.12.1865 starb der "Gesellenvater" Adolph Kolping in Köln. Seine Idee der Selbst- und Gemeinschaftshilfe verbreitete sich in kurzer Zeit in ganz Europa und auch in Übersee.

Von Papst Johannes Paul II. wurde Adolph Kolping am 27.10.1991 selig gesprochen. Sein soziales Engagement wurde damit als Vorbild dargestellt. Das Lebenswerk des "Gesellenvaters" wird heute in über 50 Ländern der Erde erfolgreich fortgesetzt.


Sinn und Zweck des Kolpinghauses Ahrweiler

Mit der Einrichtung und dem Saalbau des Kolpinghauses in Ahrweiler wurden im Sinne des Gesellenvaters Kolping drei Ziele verfolgt:

Vor allem die wachsende Industrialisierung brachte es mit sich, dass viele junge Handwerksgesellen und Industriearbeiter ihr Zuhause und ihren Halt in der familiären und gesellschaftlichen Gemeinschaft verloren. Besonders die wandernden Handwerksgesellen, die nach der Lehre "drei Jahre und ein Tag" auf Wanderschaft gehen mussten, waren in dieser Zeit ganz auf sich allein gestellt und dabei oft ohne jegliche Unterstützung. Im Zentrum stand aber besonders die berufliche, soziale und religiöse Bildung und Förderung der Mitglieder, vor allem der Jugendlichen.


Zu den Eigentumsverhältnissen und der Entwicklung des ehemaligen Kolpinghauses Ahrweiler

Im Jahre 1892 wurde zur Beschaffung, Einrichtung und Unterhaltung des Gebäudes die "Aktiengesellschaft Katholisches Gesellenhaus zu Ahrweiler" gegründet. Dafür wurden 70 "Aktien" zu 200 Mark ausgegeben.

12 Mitglieder gründeten 1915 den Verein "Kath. Gesellenheim e. V.", dessen Zweck war es, dafür zu sorgen, ein wohnliches Heim für Wanderburschen einzurichten.

Dieses Heim sollte gleichzeitig eine Bildungsstätte für Gesellen, Meister und Kaufleute von Ahrweiler sein. Der Verein übernahm nach und nach die "Aktien" der Teilhaber und wurde damit Eigentümer der Gebäude.

Die bis dahin sehr positive Entwicklung des Vereins, der sich später Kolpingsfamilie Ahrweiler nannte, wurde durch den I. und II. Weltkrieg durch die Einberufung einer großen Zahl von Mitgliedern zum Militärdienst, von denen dann auch viele nicht mehr heimkehrten, sehr stark betroffen. Auch durch die Inflation, durch die Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre und von 1933 bis 1945 dann durch Repressalien und Schikanen der Nationalsozialisten ging die Vereinstätigkeit stark zurück. Die wirtschaftliche Situation des Vereins verschlechterte sich.

Die Kolpingsfamilie sah sich dadurch gezwungen, das Haus im Jahre 1938 an den TUS Ahrweiler zum Preis der vorhandenen Hypothekenschuld von rund 22 000 Reichsmark zu verkaufen.

Der TUS Ahrweiler seinerseits war durch die Machenschaften des NS-Regimes gezwungen, die in der Adenbachhut betriebene Jugendherberge, das sogenannte "Rehfeldt-Becker-Haus" zu veräußern. Die Herberge konnte nämlich nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, weil sie durch Parteifunktionäre der NSDAP kostenlos in Anspruch genommen wurde.

Der TUS Ahrweiler sah es nach dem Ende des II. Weltkrieges und der NS-Herrschaft als Ehrensache an, das Kolpinghaus an die Kath. Kirchengemeinde St. Laurentius Ahrweiler zurückzugeben, bzw. am 6.2.1946 zu verkaufen. Der TUS Ahrweiler erhielt im Gegenzug dafür ein Baugrundstück an der Gierenzheimer Straße Nr. 20, das 1970 mit einem Mehrfamilienhaus bebaut worden ist.

Anfang 1957 erhielt das Katholische Pfarramt vom Verband der Deutschen Kolpinghäuser e. V. in Köln die Aufforderung, "das Haus nicht mehr als Kolpinghaus zu bezeichnen", da die Kolpingfamilie zu diesem Haus keinerlei Beziehung mehr habe und dieser Zustand untragbar sei.

Durch diesen Brief kann vermutet werden, dass das Gebäude nach dem II. Weltkrieg nicht mehr als Kolpinghaus im eigentlichen Sinn, also als Anlaufstelle für wandernde Gesellen, benutzt wurde. Es diente aber der Ahrweiler Kolpingfamilie weiterhin für Bildungsveranstaltungen und sonstige Zusammenkünfte. Auch fanden sonstige kirchliche und weltliche Veranstaltungen in dem Saalbau statt. Die Kirchengemeinde investierte als Eigentümerin in das Gebäude, um es zeitgemäß in Ordnung zu halten. So wurden beispielsweise 1975 neue Toilettenanlagen an- bzw. ausgebaut.

Letztlich sah sich die Kirchengemeinde aus wirtschaftlichen Gründen überfordert und verkaufte die Gaststätte mit angeschlossenem Festsaal 1977 an die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Diese hatte die Verpflichtung, den bisherigen Namen Kolpinghaus zu ändern. Seitdem werden die Gebäude "Zunfthaus Ahrweiler" bzw. "Zum Alten Zunfthaus" genannt.

Die Stadt ließ Ende der 1970er Jahre eine Generalsanierung des gesamten Gebäudekomplexes durchführen. Bei dieser Gelegenheit wurden 1978 im Saalbau an der den Fenstern gegenüberliegenden Wand drei Wandgemälde mit Darstellungen der alten Stadt Ahrweiler mit Stadttoren und Stadtmauern sowie Symbolen aus Handwerk, Handel, Gewerbe, Tradition und Kultur, insbesondere des Weinanbaus und Weingenusses von dem Ahrweiler Malermeister und Künstler Franz Ulrich in künstlerisch hervorragender Gestaltung angebracht.

Bis zur Fertigstellung des Bürgerzentrums am Ahrweiler Markt im Jahre 2000 diente der Saalbau des "Alten Zunfthauses" bei größeren Veranstaltungen von Vereinen, Gesellschaften und Parteien als gute Stube von Ahrweiler. Die gediegene Ausstattung schuf eine gemütlich Atmosphäre. Je nach Raumaufteilung waren Sitzplätze für bis zu 250 Personen vorhanden.

Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler vermietete die Gaststätte mit dem Saalbau an verschiedene Gastronomen. Die Gaststätte wurde für einige Jahre als Feinschmeckerlokal geführt und fand guten Zuspruch.

Im Jahre 1999 erwarb der TUS Ahrweiler die Gebäude erneut. Er konnte sich damit einen alten Wunsch erfüllen, ein eigenes Haus "nicht nur als Stammlokal für Versammlungen, sondern auch für sportliche Aktivitäten" zu besitzen.

Neben dieser Eigennutzung sollte der Saal auch weiterhin nach Absprache anderen Vereinen zur Verfügung stehen.

Der Tus Ahrweiler verpachtete das Gasthaus an verschiedene Pächter, die dort den Gaststättenbetrieb unterhielten.

Seit September 2005 ist als neuer Eigentümer "ALTES ZUNFTHAUS" & "FORUM ALTES ZUNFTHAUS" in Ahrweiler die familiäre Frank & Hagenau GbR zu nennen. Diese renovierte es grundlegend.

Petra Hagenau nutzt das Fachwerkhaus "ALTES ZUNFTHAUS" seither als Goldschmiedeatelier.

Der großzügige Festsaal ist ebenfalls komplett renoviert worden kann für private/geschäftliche Veranstaltungen gemietet werden.

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